Dialog - Viva la revoluçion

24.12.2021 - 21.01.2022 @ (16 Ansichten)

Vor zwei Wochen habe ich mir diese Reise zum Geburtstag geschenkt: Silvester in Havanna, danach drei Wochen durchs Land. Los geht's erstmal in Richtung Zürich!

Viva la revoluçion

24.12.2021 @ (16 Ansichten)

Ihr kennt diese Art von Bild... und fast hätte es 2021 keines davon gegeben. Vor zwei Wochen habe ich mir diese Reise zum Geburtstag geschenkt: Silvester in Havanna, danach drei Wochen durchs Land. Los geht's erstmal in Richtung Zürich!

Edelweiss, Business class

30.12.2021 @ (16 Ansichten)

Ein paar Tage Abflug erreicht mich eine E-Mail mit einem Angebot, für ein paar Hundert Euro in die Business Class zu upgraden. "Handle stets so, dass neue Möglichkeiten entstehen", sage ich mir - und schlage zu 👑

Teil 1: Silvester in Havanna

30.12.2021 @ (16 Ansichten)

Schon der Flug beinhaltet ein Highlight: Das Reisen in der Business Class! Als mich Swiss fragt, ob ich ein Upgrade will, sage ich nicht nein. Wir landen um 19:30 Ortszeit in Havanna, es ist dunkel draußen und zusammen mit der spärlichen Straßenbeleuchtung lässt sich alles nur schemenhaft erkennen. Am nächsten Morgen starte ich vom Hostel in "La Habana Vieja", also der Altstadt, meine Erkundungen. Mir begegnen viel Musik, strahlender Sonnenschein, bunte (teils verfallene, aber auch teils toll restaurierte) Häuser-Fassaden, Oldtimer, das Kapitol, Kuba-Flaggen, Che, Fidel und später am Tag natürlich auch Rum-Cocktails. Es tut gut, dem nassgrauen Winterwetter in Westeuropa entkommen zu sein!

Was ich gelernt habe: Zum Jahreswechsel wird traditionell ein (Putz-)Eimer voll Wasser aus der Tür (oder auch schon mal vom Balkon herunter) ausgeschüttet: So wird das alte Jahr hinausgespült. Das heißt beim Herumlaufen: Aufpassen, dass man nicht auf einmal von oben bis unten klatschnass wird! Neujahr wird hier ansonsten nicht groß gefeiert - und es gibt auch kein Feuerwerk.

Was ich wieder machen würde: Abends in der Calle Cuarteles, Ecke Compostela essen gehen. Dort gibt es eine ganze Straße voller gemütlicher Restaurants mit den unterschiedlichsten Menüs, die man draußen sitzend mit einer kühlen Cerveza genießen kann: Genau das richtige nach einem heißen Tag.

Auf der A1

02.01.2022 @ (16 Ansichten)

Auf der Autobahn von Havanna aus Richtung Südost.

Teil 2: Playa Larga

02.01.2022 @ (16 Ansichten)

Am 2. Januar holt mich ein Oldtimer-Taxi ab und bringt mich von Havanna nach Playa Larga, ein verschlafenes kleines Dorf mit einem Fußballfeld, einer Schule, einer Polizeistation, einer Handvoll Restaurants und vielen kleinen Bed & Breakfast-Unterkünften am Rande der geschichtsträchtigen Schweinebucht. Nach einem kleinen Rundgang bis zum Ende des Strands und zurück springe ich ins Wasser und faulenze den Rest vom Tag. Am zweiten Tag mache ich eine Tour ins nahegelegene Naturschutzgebiet, wo wir Flamingos und Pelikane beobachten können - nur das versprochene Krokodil hat wohl seinen freien Tag.

Was ich gelernt habe: Einkaufen funktioniert hier anders, etwas wie einen Supermarkt sucht man vergebens. Stattdessen gibt es kleine Läden, die dann dieses und jenes anbieten und von außen auch nicht immer ganz offensichtlich Läden sind. An einem solchen kaufe ich mit zwei anderen Gästen meiner Unterkunft auf dem Rückweg vom Abendessen eine Flasche Rum, die wir zu unseren Gesprächen über das Reisen teilen.

Was ich wieder machen würde: Im Bed & Breakfast "El Varadero" wohnen. Eine tolle Lage direkt am von Palmen gesäumten Strand, freundliche und hilfsbereite Besitzer, gemütliche Zimmer und Frühstück auf der mit Morgensonne überfluteten Terrasse.

Teil 3: Soroa

05.01.2022 @ (16 Ansichten)

Weiter geht es nach Soroa, einem ebenso kleinen und verschlafenen Ort im Nordwesten des Landes. Dort erwandere ich den (überschaubaren) Wasserfall "El Salto de Soroa" und den auf einer Bergspitze gelegenen "Mirador Loma el Molgote". Die Höhenmeter sind bei Sonnenschein und 29° C Außentemperatur ganz schön schweißtreibend! Von oben habe ich aber eine wahnsinnige Aussicht über das vor mir liegende grüne Tal.

Was ich gelernt habe: Je kleiner das Dorf, desto verbreiteter sind die modernen und fast lautlosen Elektroroller; nur noch vereinzelt knattert ein Mofa mit Verbrennungsmotor vorbei. Ein großer Kontrast zu den Pferdegespannen und Oldtimern! Kuba bezieht seinen Kraftstoff aus Venezuela - die Instabilität dort hat den Markt dafür hier entstehen lassen.

Was ich wieder machen würde: Das Angebot eines Abendessens der kleinen "Casa Particulares" (Unterkünfte, in denen man bei einer kubanischen Familie im Einzelzimmer wohnt) annehmen. So schmeckt Kuba! Zwar ist manches wie etwa eine Kombination aus Bananen und Rindfleisch definitiv gewöhnungsbedürftig, aber das meiste ist sehr lecker.

Teil 4: Havanna

07.01.2022 @ (16 Ansichten)

Bis hierhin war ich alleine unterwegs - seit dem 07.01. bin ich Teil einer geführten Gruppenreise. Diese besteht allerdings aus nur einer anderen Person 🙂 Dazu geht es zurück nach Havanna, was ich so noch einmal ganz anders kennenlerne: Mit viel geschichtlichen und kulturellem Hintergrund, mit Einblick in das heutige Leben der Leute und vielen Gelegenheiten, Fragen zu stellen, die sich ergeben haben. Wir durchstreifen die Altstadt, blicken in Hinterhöfe und von Dachterrassen, trinken in Ernest Hemingways Lieblings-Bar "Floridita" einen Daiquiri, sehen das eindrucksvoll beleuchtete "Capitolio" bei Dämmerung und schlendern abends über den Malecón.

Was ich gelernt habe: Busse werden in Kuba "Guaguas" genannt - das spanische Wort "Bus" nimmt hier nur in den Mund, wer vornehm klingen möchte. Das Wort stammt laut einer Quelle von der "Wa & Wa Co. Inc", einer amerikanischen Firma, die Busse nach Kuba exportierte - laut einer anderen vom englischen Wort "wagon", was über die Aussprache "guagon" zu seiner heutigen Form wurde. Achtung Verwechslungsgefahr: In anderen lateinamerikanischen Ländern steht der selbe Begriff für Babys und kleine Kinder.

Was ich wieder machen würde: Für 3 kubanische Pesos mit der "lanchita" (der kleinen Fähre, Security-Check inklusive) zum Stadtteil "Casablanca" übersetzen und bei einer kühlen Brise von der Christus-Statue aus einen tollen Blick auf die Altstadt, das Kapitol und die dahinter ausstreckende Stadt genießen.

Teil 5: Valle Viñales

10.01.2022 @ (16 Ansichten)

Am Montag machen wir einen Tagesausflug in den Nordwesten der Insel. Die Region Pinar del Rio ist bekannt für den Tabakanbau und für seine Landschaft, und so gehört (neben einer langen Autofahrt von Havanna aus) beides zu unserer Tour. Wir lernen, wie Tabak angepflanzt und später aus den getrockneten Blättern Zigarren gerollt werden - eine Kunst für sich. Ein bisschen Enttäuschung schwingt schon mit, als ich sie dann nicht rauchen möchte. Dafür gibt es dort tollen Rum mit kleinen Guava-Früchten, von dem ich natürlich mal probiere 🙂

Was ich gelernt habe: Ein bisschen "Cubañol", wie der hiesige spanische Dialekt scherzhaft genannt wird: "Qué bolá, asere" - was so viel heißt "Was geht, mann?". Meine radebrechenden Spanischkenntnisse verbessern sich langsam jedenfalls zu einem Niveau, auf dem ich ein paar Phrasen mehr erkenne und weiß, was ich darauf antworten kann. Ich merke aber wieder, dass ich mir wünsche, mehr davon zu können.

Was ich wieder machen würde: Den Ort Viñales besuchen. Leider konnten wir dort nicht viel Zeit verbringen, aber die bunten aneinandergereihten Häuser, die die Hauptstraße säumen, die Gelassenheit der Leute, dort bei einem kubanischen Kaffee einfach ein bisschen Zeit vergehen zu lassen - all das wirkte einladend.

Schlaglöchern ausweichen

10.01.2022 @ (16 Ansichten)

Auf der Rückfahrt vom Valle Viñales über holprige Landstraßen.

Teil 6: Matanzas & Cienfuegos

12.01.2022 @ (16 Ansichten)

Schon am nächsten Tag geht es weiter, diesmal nach Südosten. Auf unserem Roadtrip nach Trinidad machen wir zwei mal Halt: An einem Krokodil-Reservat, wo man neben Souvenirs auch die Tiere beobachten kann - und dann später noch in Cienfuegos, wo wir kurz die Gelegenheit haben, das Stadtzentrum, das dortige Theater und ein altes Herrschaftshaus anzuschauen. Nach Sonnenuntergang kommen wir im Dunkeln an unserem Ziel an.

Was ich gelernt habe: Viel übers Autofahren in Kuba. Erst einmal wird immer dort gefahren, wo keine Schlaglöcher sind, auch wenn das die Gegenfahrbahn ist. Auch auf der Autobahn werden alle Spuren großzügig ausgenutzt; ganz rechts fahren Pferdegespanne, Fahrräder und Mopeds. Beim Überholen wird gerne kurz freundlich gehupt, um zu zeigen, dass da etwas kommt (wie in Vietnam!). Alles passiert aber meist unterhalb der angeschriebenen Tempolimits - weder die Autos noch die Straßen lassen mehr zu.

Was ich wieder machen würde: Die Stadt Cienfuegos erkunden. Der Reiseführer meint zwar, dort gäbe es nicht sonderlich viel zu sehen, einen Nachmittag könnte man dort aber doch verbringen, denke ich: Die Fußgänger-Promenade mit vielen Bars, Restaurants und Cafés in der Paseo El Prado lädt zum Verweilen ein.

Teil 7: Trinidad

13.01.2022 @ (16 Ansichten)

Für die nächsten vier Tage ist Trinidad mit seiner als Unesco-Weltkulturerbe geltenden Altstadt unsere Homebase. Wir durchstreifen die bunten gepflasterten Gassen dieser Kleinstadt in der Provinz "Santi Spiritus" und machen Tagesausflüge in die Region: Nach Iznaga, wo Zuckerrohr angebaut wird, auf die Insel "Cayo Blanco" (die wir ganz für uns haben!), und in den landschaftlich beeindruckenden Nationalpark "El Nicho", wo wir zu einem in ein türkisgrünes Becken mündenden Wasserfall wandern.

Was ich gelernt habe: Im Strandrestaurant schauen bis zu einem Meter lange Leguane mit großen Kulleraugen zum Essen auf und versuchen einen Happen zu ergattern. Aus dem Terrarium kennt man diese Tiere eigentlich nur lethargisch, dabei können sie im Freien relativ flink sein - ihr Benehmen erinnert fast an das von Katzen.

Was ich wieder machen würde: Abends für Cocktails in das "Adita Café" in der "Antonio Maceo"-Straße gehen. Wer Bloody Marys mag, kommt beim "El Cubanito" auf seine Kosten: Das ist das gleiche, aber mit Rum.

El Tren Blindado

15.01.2022 @ (16 Ansichten)

Hier entschied sich im Dezember 1958 der Kampf gegen das Batista-Regime, als die Revolutionäre einen gepanzerten Zug zum Entgleisen brachten - siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Tren_Blindado

Teil 8: Varadero

15.01.2022 @ (16 Ansichten)

Unsere Gruppenreise endet im Touristen-Ort Varadero. Einst versteckten sich hier Piraten, später wurden hier Luxus-Strandvillen gebaut. Heute ist die gesamte Halbinsel voll von All-Inclusive Ressorts - eine nochmals ganz andere Welt, in die wir hier eintauchen. Der Ort selbst ist nicht sonderlich interessant, wenn man den Rest von Kuba gesehen hat; aber natürlich fahren auch hier chromblitzende Oldtimer neben Kokos-Taxis und Pferdegespannen, was auch nach drei Wochen hier immer noch ein Hingucker ist. Der Strand ist natürlich toll…

Was ich gelernt habe: Hier kann man noch seltener als im Rest des Landes mit der einheimischen Währung, dem kubanischen Peso, bezahlen. Stattdessen wollen die Menschen Euro (oder auch mal US-Dollar). Die wiederum tauscht man offiziell für 1:25, auf der Straße bekommt man aber typischerweise das dreifache für jeden Euro.

Was ich wieder machen würde: Den Strand besuchen - der öffentliche im Ortszentrum muss den Privatstränden der großen Hotels in nichts nachstehen: Weißer Sand, klares, türkisblaues Wasser, durch das man bis weit draußen noch auf den Grund des Meeres sehen kann.

Teil 9: Hershey

18.01.2022 @ (16 Ansichten)

Von Varadero aus starte ich einen Tagesausflug nach "Camilo Cienfuegos", einem kleinen Ort, der früher nach der gleichnamigen, 1918 fertiggestellten Zuckerfabrik "Hershey" hieß. Bis 1922 wurde dort eine Bahn zur Anlieferung von Material und Abtransport des Zuckers erbaut. In der Fabrik wurde seit der Revolution 1959 nicht mehr für Hershey's Chocolates in den USA, sondern im Auftrag des kubanischen Staates gearbeitet. Seit 2002 ist die Fabrik eine Industrie-Ruine. Die Bahn ist heute noch in Betrieb, allerdings seit einem Hurrikan, der vor 5 Jahren Teile der Strecke zerstörte, nur noch auf Teilstrecken und sehr spärlich.

Was ich gelernt habe: Zucker ist neben Tabak immer noch das wichtigste Exportgut Kubas. Noch wichtiger für Kubas Wirtschaft ist allerdings der Tourismus - und entsprechend schwer macht die Pandemie dem Land zu schaffen. Der Taxifahrer erzählt mir: "Die meisten Hotels in Varadero stehen leer - trotzdem werden immer neue gebaut". Warum, weiß er allerdings auch nicht.

Was ich wieder machen würde: Diese Bahn besuchen - vielleicht klappt es dann auch, einmal damit zu fahren: Die elektrischen Triebwagen aus den 30er und 40er-Jahren sind fahrende Industriedenkmäler, die krummen Gleise und die beeindruckende Landschaft wären eine tolle Kombination für ein einmaliges Abenteuer.

Letzter Teil: Kuba ist…

20.01.2022 @ (16 Ansichten)

…für mich der Inbegriff von "klappt schon irgendwie". Auf der einen Seite grenzt das an Dysfunktionalität: Das Fehlen jeglicher Fahrpläne bei Bussen ("wenn kein Plan da ist, kann der Bus auch nicht zu spät kommen") oder Zügen ("der Zug fährt alle drei Tage, beginnend ab dem 19. November 2019"); Auskunfts-Personal, bei denen man für die Antwort "Komm morgen wieder" anstehen muss und deren Job locker durch ein am Eingang aufgehängtes beschriebenes Blatt DIN A4-Papier ersetzt werden könnte(!) oder das kaputte Währungssystem, in dem keine nennenswerten Beträge in der landeseigenen Währung bezahlt werden können (sondern Euro oder US-Dollar verlangt werden).

Auf der anderen Seite bewundere ich Kuba: Ob das die über ein halbes Jahrhundert lang immer wieder reparierten US-Oldtimer oder die alten und robusten russischen Ladas sind, die aus Mofa- und Fahrradteilen zusammengeschweißte Bici-Taxis oder die Leute, die im Schatten von Autobahnbrücken "Autostop" betreiben in der Hoffnung, dadurch etwas schneller zu sein als wenn sie auf die aus alten LKW zusammengebauten Busse warten, die behelfsmäßig ausgebesserte Infrastruktur ("hält schon") oder dass Leute als ihr täglicher Job für andere in den langen Schlangen vor allen möglichen Geschäften anstehen, der Instagram-Kanal von Lore, der erklärt, wie Cocktail-Zutaten bei deren Fehlen substituiert werden können oder "El Paquete", Netflix als USB-Festplatten-Abo - alles funktioniert irgendwie, und sicherlich auch durch eine gute Portion Optimismus, durch Kreativität und Zusammenhalt.

Nach drei Wochen Baufälligkeit, rußenden und knatternden Auspüffen, Schlaglöchern und fehlender Straßenbeleuchtung; aber auch Hilfsbereitschaft, Lebensfreude, Pragmatismus - und Stolz auf das, was trotz dem wenigen zur Verfügung stehenden erreicht wird, verlasse ich Kuba, nachdem ich meine letzten Pesos nicht schaffe bei den offiziellen Stellen zu wechseln ("wir haben gerade keine Euros mehr"), sie eben mit einem anderen Reisenden am Flughafen tausche, der mit dem guten inoffiziellen Wechselkurs dann das Duty Free leer kauft: Am Ende klappt es also irgendwie. Kuba ist eine tolle Erfahrung, die ich jedem empfehlen würde zu machen.

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